Berittene Fanfaren der Blauen Funken- Reitergruppe – Pferde im Karneval, Ja oder Nein? Ein intensiver Blick auf das Training vor dem Rosenmontagszug

Berittene Fanfaren der Blauen Funken- Reitergruppe – Pferde im Karneval, Ja oder Nein? Ein intensiver Blick auf das Training vor dem Rosenmontagszug

 

Pferde im Kölner Rosenmontagszug – Ja oder Nein?

Diese Frage stellt sich nach dem Zusammenbruch eines Pferdes beim letzten Rosenmontagszug 2017 in Köln und einem Vorfall in Bonn nach dem Rosenmontagszug.

Sind Pferde noch zeitgemäss? Werden sie richtig auf den Rosenmontag vorbereitet?

Detlev Kurth, Leiter der berittenen Fanfarengruppe hat uns, das Team von www.music-colonia.de eingeladen, damit wir uns selber ein Bild davon machen können, ob Pferd und Karneval zueinander passen.

 

Nach knapp einer Stunde Fahrt erreicht man die Reitschule Gut Böckemeshof der Familie Bierewitz.

Schon beim Eintreffen auf dem Hof merkt man die „familiäre“ Atmosphäre unter den Reitern und der Besitzer des Gutes.

Hier wuseln Katzen zwischen Pferden, hier wird das Pferd noch persönlich begrüßt beim Eintreffen.

 

“ Den Tierschützern empfehle ich einfach, mal darüber nachzudenken das Pferde schon Jahrzehnte im Kölner Karneval mitgehen und Einzelfälle wie im letzten Jahr in Köln und Bonn eher selten passieren“ so Kurth music- colonia.de gegenüber.

“ Die Gefahr, dass ein Unfall mit einem Pferd geschieht ,ist gleich hoch wie von einer Pralinenschachtel getroffen zu werden, die von einem Wagen geworfen wird“

Wer jetzt erwartet, dass die Pferde beim Eintreffen der berittenen Fanfarengruppe schon gesattelt und gespornt aufs Training warten, der ist auf dem Holzweg.

Hier kümmern sich die Reiter selber noch um den „besten“ Freund auf vier Hufen.

Bevor das Training startet, wird hier erstmal das Pferd begrüsst und auf die Trainingseinheit vorbereitet.

 

“ Wir innerhalb der Kölner Funken Artillerie (Blaue Funken) sind eine große Familie. Wir treffen uns nicht nur im Karneval, sondern sind auch außerhalb der fünften Jahreszeit so etwas wie eine „Grande Familia ( Große Familie). Zu denen gehören natürlich auch die Freunde auf 4 Hufen. Wir zeigen Respekt dem Tier gegenüber und ernten dafür teilweise grenzenloses Vertrauen in uns Reiter, “ so Kurth stolz.

Und wie es auch bei uns Menschen ist, eignet sich nicht jedes Pferd für den Rosenmontagszug.

“ Wir merken schnell, ob sich ein Pferd für den Rosenmontagszug eignet. Es muss an Pauken und Trompeten gewöhnt sein. Wir zwingen kein Pferd. Beim wöchentlichen Training kristallisiert sich schnell heraus, welches Pferd sich für den Rosenmontagszug eignet.

Tagesform nennen wir das bei uns Menschen, bei den Pferden ist das nicht anders. Am Aufstellplatz, wenn wir die Pferde auf den Rosenmontagszug vorbereiten ,sind daher immer noch Pferde in Reserve“ so Kurth.

Bevor es in die 45-60 minütige Trainingseinheit geht, werden die Sättel aufgezogen und die Musikinstrumente in die Reithalle transportiert.

Erst vor kurzem haben alle Reiter der Reitergruppe den Reitpass der reiterlichen Vereinigung (FN) erhalten.

“ Die Auflagen zur Teilnahme mit Pferden am Rosenmontagszug werden von Jahr zu Jahr schärfer. Ein Nachweis über Trainingseinheiten ist daher Pflicht für Mensch und Tier. Wir sind mindestens einmal in der Woche vor Ort zum Training “

Intern wird Kurth auch “ Der Pferdeflüsterer“ genannt. Er zeigt dem Pferd vor dem Training die Stäbe der Pauke und gewöhnt es liebevoll an die Musikinstrumente.

Innerhalb der Blauen Funken, denen er seit Jahrzehnten angehört, ist er so etwas wie der „Vater der Kompanie“. “ Ich sehe es als Verantwortung auch jüngere Mitglieder zum Training zu fahren, und sicher wieder nach Hause zu bringen. Wir sind so etwas wie eine Familie “ sagt Kurth vielsagend.

7 Pferde sind im Leistungs-Test zum Rosenmontagszug. Aktuell wird seit 4 Monaten auf den Tag X hingearbeitet mit Pferd und Musikinstrumenten.

 

Kurth: “ Wir haben eine Verantwortung uns, dem Pferd und dem Publikum beim Rosenmontagszugs gegenüber. Der Zusammenbruch des Pferdes im letzten Rosenmontagszug eines anderen Corps und der Unfall in Bonn stehen nicht im Zusammenhang mit Problemen der Pferde, sondern sind traurige Einzelfälle. Ich würde mir persönlich wünschen, dass man dies trennt und sieht, wieviel Jahre nichts passiert ist“.

Man merkt beim Training mit Musik in der Reithalle dem Pferd nach einer Weile die „Tiefenentspannung “ an, desto länger die Trainingseinheit dauert.

 

„Bevor das Training losgeht, wird das Pferd an die Musikinstrumente gewöhnt. Es weiss somit, was auf es zukommt“.

Viele Pferde haben stundenlange Übung und sind vor Ort bereits in Schützenumzügen mitgegangen.

 

“ Rosenmontag haben wir immer noch Pferde “ in Reserve“ für den Fall, dass die Tagesform eines Pferdes mal nicht stimmen könnte“.

Das Gut Böckemeshof transportiert die Pferde in den frühen Morgenstunden an den Aufstellplatz des Rosenmontagszugs.

Kurth: “ Für mich ist ein Rosenmontag ohne Pferde undenkbar. 12 Monate Training zeigen, dass wir uns auf den Tag X vorbereitet haben und unsere Pferde auf unsere Art und Weise als „Kameraden“ betrachten,um die wir uns vor und nach dem Rosenmontagszug kümmern. Sie sind kein Gegenstand,sondern verdienen Respekt und Aufmerksamkeit bis zum Schluss des Zuges. Dann geht es wieder zurück in den Stall.

 

Unser Fazit des Besuches:

Wenn man wie die berittenen Fanfaren der Kölner Funken Artillerie viel Zeit investiert, um sich und das Pferd auf den Rosenmontag vorzubereiten, ist es wichtig das Pferde zum Rosenmontag gehören.

Einzelfälle wie in 2017 muss man von vorherigen Zügen ohne Problem „lösen“ und die Sache so betrachten, wie sie ist.

Wenn wie in Bonn die Entscheidung fällt, NEIN in Einzelteilen des Zuges zum Thema Pferd zu fällen dann muss man dies akzeptieren. Alternativ muss man aber auch anerkennen, wenn andere Gesellschaften oder Vereinigungen sich dazu entschliessen, JA zum Pferd zu sagen.

Wir sind bei unserem Besuch auf verantwortungsvolle Menschen getroffen, die ihre „Schützlinge“ wie ihre eigenen Kinder lieben. Sie opfern Zeit und legen Hunderte Kilometer im Jahr für die Pferde zurück.

 

Text: Interview/Elisabeth Martini und Anja Bögge für www.music-colonia.de November