Im Rautenstrauch-Joest-Museum befinden sich rund 96 Benin-Hofkunstwerke
Wie bereits im Rahmen der international geführten Debatten zum Umgang mit Kulturgut aus kolonialen Unrechtskontexten erklärt, möchte die Stadt Köln die sogenannten Benin-Bronzen aus dem Rautenstrauch-Joest-Museum (RJM) an die Bundesrepublik Nigeria zurückgeben. Der Rat der Stadt Köln hat in seiner Sitzung am Donnerstag, 3. Februar 2022, beschlossen, die Verwaltung zu beauftragen, die Rückgabe von Benin-Hofkunstwerken an die Bundesrepublik Nigeria in Abstimmung mit dem Auswärtigen Amt und dem Staatsministerium für Kultur und Medien vorzubereiten.
Im Bestand des Rautenstrauch-Joest-Museums befinden sich 96 Benin-Hofkunstwerke aus Nigeria, die 1897 von der britischen Armee aus dem Königspalast des Königreichs Benin, das im heutigen Nigeria liegt, geraubt wurden. Die britische Armee nahm den Königspalast ein, plünderte ihn und brannte ihn schließlich nieder. Die Briten sahen ihre Kriegsbeute als Reparation für die Kosten dieser sogenannten Strafexpedition an und verschleppten sie nach London. Ab Sommer 1897 wurden die geraubten Hofkunstwerke sukzessive in europäischen Auktionshäusern versteigert oder blieben im Privatbesitz der britischen Soldaten, die sie später auch auf dem Kunstmarkt verkauften. Die 96 Hofkunstwerke, die sich heute im RJM befinden, gelangten über Sammler*innen mit bürgerschaftlichem Engagement für die Stadt Köln sowie über diverse andere Zwischenerwerber zwischen 1899 und 1967 durch Schenkungen sowie Ankäufe in die Kölner Museumssammlung.
Für die nigerianische Gesellschaft haben die Benin-Hofkunstwerke eine große historische, spirituelle und identitätsstiftende Bedeutung. Das Königtum Benin, seine traditionellen Herrschaftsstrukturen und sein kulturelles Erbe spielen in Nigeria auf politischer und spiritueller Ebene bis heute eine sehr wichtige Rolle. Das Edo-Volk des Benin-Königreichs, eines der wichtigsten afrikanischen Königreiche in der Geschichte des Kontinents, hielt mittels seiner Hofkunstwerke über Jahrhunderte hinweg alle wesentlichen Geschehnisse im Königtum fest: die Entstehungsgeschichte des Königreichs, die verschiedenen Epochen, königliche Festakte und Feierlichkeiten, wichtige Ereignisse, Kriege und Kriegsherren, Verdienste und Taten der Königinnen. Die Hofkunstwerke hatten zudem sakrale Funktionen und waren die Verbindung der Könige zu ihren Vorfahren. 1897 wurden somit das gesamte identitätsstiftende königliche historische Archiv und die Reliquien des Königtums Benin von den Briten geraubt. Seit 2021 gibt es unter Federführung des Auswärtigen Amtes der Bundesrepublik Deutschland intensive Verhandlungen mit Vertreterinnen aus Nigeria, die die Rückgabe von Benin-Hofkunstwerken aus deutschen Museen zum Gegenstand haben. Das Rautenstrauch-Joest-Museum als Museum mit der viertgrößten Sammlung von Benin-Hofkunstwerken in Deutschland begleitet diesen Prozess ebenso wie Vertreter*innen der Stiftung Preußischer Kulturbesitz in Berlin, der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, des Museum am Rothenbaum Hamburg und des Linden-Museums in Stuttgart.
Das Auswärtige Amt bereitet für das Frühjahr 2022 eine politische Rahmenvereinbarung zwischen Nigeria und Deutschland vor. Es ist zu erwarten, dass mit dieser Rahmenvereinbarung Rückgaben von Benin-Hofkunstwerken an den Staat Nigeria die außenpolitische Flankierung erhalten. Die konkrete Umsetzung von Rückgaben bleibt den jeweiligen Trägern der beteiligten Museen vorbehalten, erfolgt aber in enger Abstimmung mit dem Auswärtigen Amt und dem Staatsministerium für Kultur und Medien. Die endgültige Entscheidung über Art und Weise von Rückgaben der Artefakte im Rautenstrauch-Joest-Museum bleibt dem Rat der Stadt Köln vorbehalten.
Pressemitteilung