Es war ein ernster Termin in der laufenden Karnevalssession – und ein Treffen, das allen Beteiligten sehr wichtig war. Anlässlich des Internationalen Tages des Gedenkens an die Opfer des Holocausts trafen sich Vertreter der Kölner Karnevals auf dem Jüdischen Friedhof in Köln-Bocklemünd, um an das Schicksal jüdischer Karnevalisten zu erinnern. Sie wurden in Köln in der Zeit des Nationalsozialismus ausgegrenzt, denunziert und verfolgt. Auch die Kölner Juden erlebten die ganze Brutalität der Naziregimes, das sie aus ihrer Heimat vertrieb, ihrer Freiheit und ihres Lebens beraubte. Jülichs Grab – er ist der Schöpfer des Evergreens „Ov krüzz oder quer“, der in diesem Jahr das Motto der Karnevalssession stellt – wurde anlässlich des Gedenktages instandgesetzt.
Zur Gedenkstunde, die auf eine gemeinsame Initiative des Festkomitees Kölner Karneval und der Kölschen Kippa-Köpp zurückgeht, waren auch vier Urenkelinnen und -enkel von Emil Jülich aus Köln, Hamburg und der Schweiz angereist. In den Reden von Michael Rado (Synogogengemeinde Köln), Aaron Knappstein (Kippa-Köpp) und MIchael Kramp (Festkomitee) wurde die besondere Rolle jüdischer Bühnenkünstler und Karnevalisten gewürdigt. Für die musikalische Begleitung sorgte der Geiger Igor Epstein. Festkomitee-Sprecher Michael Kramp betonte: „Die Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft ist ein Teil der 200-jährigen Historie des Festkomitees, den wir niemals vergessen dürfen. Auch Akteure des Kölner Karnevals haben in dieser Zeit einen Teil der Schuld auf sich geladen. Wir können das heute nicht mehr rückgängig machen. Aber wir können alle gemeinsam mit dafür sorgen, dass Ausgrenzung von Menschen sich nicht wiederholt. Gerade der Karneval kann eine große integrative Kraft entfalten, die wir immer wieder auch in den Dienst von Freundschaft, Frieden und Gemeinsamkeit stellen sollten. Wir freuen uns, dass wir heute mit den Kölschen Kippa-Köpp eine Karnevalsgesellschaft mit jüdischem Hintergrund in unseren Reihen haben, die sich insbesondere auch dem jüdischen Erbe des Kölner Karnevals widmet.“
Der bereits 1923 verstorbene Emil Jülich wurde selbst kein Opfer des NS-Regimes, steht aber heute dennoch als einer der Karnevalskünstler jüdischen Glaubens, die das große Fest ihrer Mutterstadt mitprägten und gestalteten. Er war zu seiner Zeit ein populärer Dichter, Komponist und Interpret, der zu den Stars des Kölner Karnevals zählte und ist heute noch durch seine Lieder in Erinnerung, auch wenn seine Werke und sein Andenken sowie das anderer jüdischer Karnevalisten während der NS-Zeit systematisch unterdrückt wurden. Die nun erfolgte Instandsetzung des Grabes des Künstlers würdigte damit nicht nur sein karnevalistisches Schaffen, sondern ist auch ein Akt gegen das Vergessen.
Pressemitteilung Festkomitee